Institutionelle Kooperation

Forschungskooperation mit dem Orientalischen Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften

Am 4. Mai 2022 unterzeichneten Dr. Táňa Dluhošová, die Direktorin des Orientalischen Instituts der Tschechischen Akademie der Wissenschaften (Orientální ústav AV ČR), und der kommissarische Direktor des Orient-Instituts Istanbul der Max Weber Stiftung, Dr. Richard Wittmann, eine formelle Absichtserklärung zum Aufbau einer umfassenden Forschungskooperation zwischen ihren in Prag und Istanbul ansässigen Forschungseinrichtungen. Das Orientalische Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften begeht dieses Jahr seinen hundertsten Gründungstag. Seit 1993 Teil der Tschechischen Akademie der Wissenschaften (CAS), beschäftigt das Institut derzeit eine Vielzahl herausragender tschechischer und internationaler Forscherinnen und Forscher mit einer Regionalexpertise zum Nahen Osten von der Antike bis zur Gegenwart, der arabischen Welt, China, Indien, Israel, Iran, Japan, Südostasien, dem Osmanischen Reich und der Republik Türkei. Für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Orient-Instituts sowie unsere Partner in der Türkei eröffnen sich durch diese Zusammenarbeit hervorragende neue Möglichkeiten des akademischen Austausches in Bezug auf die am Institut bestehenden Forschungsthemen sowie zu vergleichenden Forschungen zu anderen Regionen, die das breite Spektrum regionaler Kompetenz der Prager Partnereinrichtung ermöglicht.

2022/2023

Dr. Stefano Taglia, Oriental Institute, Academy of Sciences of the Czech Republic, Prague

Cannabis, Cannabissüchtige und der Staat des späten Osmanischen Reiches

Abbildung aus Muallim Şövalye Hasan Bahri, Esrarkeşler, Istanbul: Şems Matbaası, 1912.

Mein Forschungsprojekt beschäftigt sich mit einem außergewöhnlichen, aber oft übersehenen Phänomen der türkischen klassischen Musik, das Hand in Hand mit der Gründung der Republik Türkei durch Mustafa Kemal Atatürk im Jahre 1923 ging: Die Entstehung von zahlreichen Chören neuen Typs in der gesamten Republik, teils im Staatsdienst teils in Amateurhand, was auch einen fundamentalen Wandel der musikalischen Gattungen und der Aufführungspraxis nach sich zog. Zentrale These in Wozniaks Forschungsprojekt ist, dass scheinbar außermusikalische soziale und politische Geschehnisse während des Niedergangs des Osmanischen Reichs und des Entstehens der Republik Türkei in den neu aufkommenden Chören der türkischen klassischen Musik ihren Niederschlag fanden. Dadurch können diese als wertvolle soziokulturelle Microkosmen gelten, in denen Ängste und Auseinandersetzungen über (persönliche und nationale) Identität in Proben- und Aufführungspraxis ausgelebt werden. Mit ethnographischer und archivbasierter Methode begibt sich das Forschungsvorhaben sowohl auf die Spuren des historischen Phänomens des Chors als Ensemblekonstellation in der türkischen klassischen Musik während des letzten Jahrhunderts als auch seiner mannigfachen aktuellen Verkörperungen in städtischen Kontexten der Türkei sowie der Diaspora. Mein Projekt ist das erste, das Chöre der türkischen klassischen Musik als Schauplätze in den Blick nimmt, in denen Auseinandersetzungen um »Türkentum« und die Besorgnis über politische, kulturelle und soziale Werte nach wie vor ausagiert werden. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, dass die Dokumentation zur kulturellen und politischen Bedeutung von Chören der türkischen klassischen Musik einen nachhaltigen nationalen und internationalen Einfluss erlangt, indem sie aufzeigt, wie eine besondere Verkörperung des türkischen Kulturerbes Bedeutung für die Staatsbürger:innen der Türkei und Türk:innen auf der ganzen Welt gewinnen konnte.